Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz vor der Sommerpause melden wir uns noch einmal mit ersten Eindrücken aus Korea: Martin Maurach fühlt sich wie bei einem "Spurt durch Sirup" und lernt, wie unwichtig Antworten sein können. Zum Glück hat ihm die Fußbodenheizung nicht ganz den Garaus gemacht, so dass er diesen stimmungsvollen Brief aus Korea schreiben konnte. Ist das, was er beschreibt, ein Kulturschock? Gibt es den überhaupt? Oder ist das nicht nur ein Phänomen, das durch vieles Reden zwar aufrechterhalten, aber in Wirklichkeit gar nicht existiert? Frank Mielke hat sich Gedanken zu diesem Thema gemacht. Und es sei gleich vorab gewarnt: Hier wird es wieder einmal satirisch. Ganz ernst dagegen sind die Vorschläge der Finanz-AG zur finanziellen Altersvorsorge gedacht. Sylvia Löhken lotst uns durch das magische Dreieck zwischen Sicherheit, Rendite und Liquidität. Bei der Geldanlage müssten wir uns entscheiden, ob wir lieber gut schlafen, gut essen oder gut reisen wollen. Wer sich fürs Essen entscheidet, ist auch bei Martina Gunske von Kölln gut aufgehoben, braucht allerdings Zeit, denn ein O-Bentou ist aufwendiger, als man denkt. Fortsetzung folgt! Und was gibt es sonst noch? Ein Bericht vom Symposium in Hong Kong zum Thema "Deutsch als Fremdsprache in Ostasien", das im April stattgefunden hat - quasi eine thematische Vorbereitung für die Germanistentagung im August in Fukuoka, in der es ja auch um "Schwellenüberschreitung" geht. Und eine Rezension zu Ursula Richters neuem Buch zur spirituellen Erotik im alten Japan ... Übrigens: Auf dem diesjährigen großen Lektorentreffen kam die Frage auf, wie man an die Artikel kommt, die in den diversen Uni-Zeitschriften über ganz Japan verstreut erscheinen. Eine entsprechende Liste für die Zeit von 1989 bis 1998 enthält die Broschüre zum Stand der Curriculumsentwicklung "Doitsugo kyouikuno kenjou to kadai" vom "Nihon dokubungakkai doitsugo kyouiku bukkai" vom 30. März diesen Jahres, die auf der Tagung im Mai ausgegeben wurde. Wir wünschen Ihnen wie immer viel Vergnügen beim Lesen und eine erholsame Sommerpause.
Herzlichst die Redaktion
Übrigens: Der Lektorenrundbrief ist über das DAAD-Büro in Tokyo zu bekommen.
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Kulturschock
von Frank Mielke, Tokyo
Liebe Kollegen und Kolleginnen, der Sommer nähert sich mit großen Schritten. Unsere Studenten und Studentinnen werden wieder in hellen Scharen die Jumbos besteigen, nach Deutschland fliegen und sich über Bier und Würstchen hermachen. Aber so romantisch das alles klingt, ein mahnendes Wort erscheint mir angebracht.
Wie oft haben wir schon erleben müssen, wie gerade die vordem gut gelaunten Studenten und Studentinnen völlig am Boden zerstört wieder die heimatliche japanische Erde betraten. Heulkrämpfe in der ersten Stunde nach den Ferien und ein Brief aus der nahe gelegenen Psychiatrischen Klinik, der die Abwesenheit eines erklecklichen Teils der Klasse erklärt, deuteten schon an, dass irgend etwas nicht stimmt. Sicher: der Drohanruf eines rasenden Vaters, man habe im Vorfeld versagt, hätte einen schon stutzig machen können. Als dann aber gerade die beste Studentin, die sonst immer in der ersten Reihe sitzt, nun plötzlich in der letzten Reihe, den Oberkörper tranceartig nach vorne und hinten wiegend, "Alle meine Entchen" vor sich hin summte, war der Fall klar: Kulturschock.
Dabei hatten Sie sich vor den Ferien alle Mühe gegeben. Sie hatten nicht ohne Stolz darauf hingewiesen, dass es in Deutschland außer Bier und Würstchen auch so etwas gibt wie Aufläufe, Suppen, Braten, Gemüse, hatten selbstverständlich auf regionale Unterschiede hingewiesen (Stichwort D-A-CH) und sich sogar im E-Forum von einer kompetenten Kollegin beraten lassen, wie man zu Hause mit 35 Studenten und Studentinnen einen lustigen und informativen Kochabend gestaltet. Sie hatten Ihre Schutzbefohlenen und Schutzbefohlinnen mit den deutschen Dusch- und Badesitten vertraut gemacht und sie über die Wasserpreise von Castrop-Rauxel informiert. Ja, Sie waren sogar so weit gegangen und hatten Rollenspiele gemacht: Wie setze ich mich an einem Samstagmorgen in einer Bäckerei durch, ohne dabei körperliche Gewalt anzudrohen?
Es hatte alles nichts geholfen. Da bekanntlich alles schiefgeht, was schiefgehen kann ("Murphy's Law"), kam, was kommen musste. Aufarbeitung war angesagt. Und das Begleitfachseminar "Interkulturelle Grenzsituationen und ihre Bewältigung" zahlte sich plötzlich aus. Gepriesen sei die weise Voraussicht der Studienordnung! Was Sie Ihren Studenten und Studentinnen nun unter all den Tränen entlockten, war erschütternd. Nie hätten Sie gedacht, dass das Eigene als Fremdes (näheres dazu irgendwo bei Wierlacher) so grausam sein kann.
Ich will die Liste hier schließen, obwohl ich sie noch um etliche Einträge verlängern könnte. Es wird aber bereits jetzt deutlich geworden sein, dass der Vorbereitung der Studenten und Studentinnen viel größere Aufmerksamkeit hätte gewidmet werden müssen, als man/manin es hätte leisten können. Deutschland ist eben anders! Und wie man dort miteinander und mit Gästen und Gästinnen umgeht, kann für Japaner und Japanerinnen zu bleibenden psychischen Schäden führen.
Machen wir uns doch nichts vor! Wir stehen als Verantwortliche vor einem unlösbaren Problem. Wir können unsere Studenten und Studentinnen nicht auf alles vorbereiten. Die kulturelle Kluft zwischen Deutschland und Japan ist dafür einfach zu groß. Ich sehe daher nur eine Möglichkeit: Die traditionelle Gruppenreise. Sie bringt alles Sehenswerte (Wer will wirklich Meppen sehen?) und bietet den nötigen geschützten Raum.
Wer das nicht will - und diese Tendenz macht sich unter den jungen Leuten anscheinend breit -, dem raten Sie am besten von einer Deutschlandreise ab. Wenn man das gesparte Geld in einen guten Internetzugang investiert, kann man Deutschland von Zu Hause aus erleben. Aber eine wirkliche Reise? Auf gar keinen Fall! Es besteht nämlich die Gefahr, dass die Studenten und Studentinnen nachhaltig irritiert werden könnten. Diese Verantwortung möchte ich nicht tragen. Sie etwa?
O-Bentou (Teil 1)
von Martina Gunske von Kölln, Sendai
Das Aufwendige an den O-Bentous sind die zahlreichen Bestandteile. Meist hat man nicht nur eine Sorte Fisch oder Gemüse, sondern verschiedene, dafür ist die Menge entsprechend kleiner. Das unten vorgeschlagene O-Bentou könnte also durch weitere Bestandteile ergänzt werden, siehe z.B. O-Bentou Teil 2 in der nächsten Ausgabe (Fleisch und Kartoffeln).
Unser O-Bentou besteht aus: Reis mit Tskukemono (eingelegtes Gemüse wie z.B. Rettich) und Umeboshi (gesalzene Pflaume), Ingen-no goma ae (Sesam-Bohnen), Saba-no miso ni (Miso-Makrele) und zu guter Letzt etwas Obst, z.B. ein Stückchen Melone oder auch Apfel.
"Ingen-no goma ae" (Sesam-Bohnen)
Zutaten für 4 Personen:
Zubereitung:
(1) Stengel der Bohnen u.a. entfernen, in kochendem Salzwasser garen und anschließend sofort mit kaltem Wasser abschrecken, damit sie bissfest bleiben. (2) Die Bohnen in mundgerechte Stücke schneiden (nicht zu klein, wenn man mit Stäbchen isst), (3) Dashi und 2 Tl Sojasoße unter die Bohnen rühren. (4) In einer Pfanne den Sesam vorsichtig rösten (bis die Körner in der Pfanne anfangen zu hopsen), dann in einem Mörser mahlen. (5) Sojasoße (und Zucker) hinzufügen. (6) Die Bohnen (siehe 3) und die Sesammasse (siehe 5) gut miteinander vermischen.
"Saba-no miso ni" (Miso-Makrele)
Zutaten für 4 Personen:
Zubereitung:
(1) Den Kopf und die Innereien der Makrele entfernen und die Makrele waschen. (2) Die Makrele in vier Teile zerlegen, indem man sie der Länge nach zerschneidet und die zwei entstandenen Hälften nochmals halbiert. (3) In einem flachen Topf werden Dashi und Konbu erhitzt. (4) Unmittelbar vor dem Sieden der Flüssigkeit wird das Konbu wieder aus dem Topf entfernt.(5) Miso (Zucker) und Ingwer werden dem Dashi hinzugefügt und gut verrührt. (6) Danach werden die Filets dazugelegt. (7) Man legt einen leichten Deckel direkt auf den Fisch, so dass er etwas heruntergedrückt wird und lässt ihn dann bei kleiner bis mittlerer Flamme 7-8 Minuten garen.
Beim Servieren wird der Fisch mit dem Sud übergossen.
Das Ganze wird in einer O-Bentou-Box schön arrangiert. Der Umwelt zuliebe sollte man aber auf die dekorativen Einweg-Alu-Schächtelchen verzichten. In einigen Läden findet man mittlerweile auch aus festem Papier gemachte.
Viel Spaß beim Kochen und Essen!
Schlaflos auf dem Nachtflug nach Korea
von Martin Maurach
Schlaflos auf dem Nachtflug nach Korea: ein Film über die traditionelle koreanische Küche. Krabben, halb handtellergroß, so wie sie aus dem Meer kommen, werden in eine flache Schale gesetzt, in der nur roter Pfeffer zu sein scheint, und mit einem Stein zermalmt. Bis eben hattest du doch noch geglaubt, die Entfernung zwischen zwei Ländern sei in Kilometern zu messen.
Zu Anfang bist du nicht da. Einen "ersten Eindruck" gibt es ja nicht. Das ist unwirklich, ein Film. Langsam erst kannst du hier vielleicht Augen und Ohren wieder gebrauchen, denn natürlich sieht und hört immer ein Teil deines Landes mit. Die Zeit vergeht unheimlich langsam. Die ersten Begegnungen mit Professoren und Studierenden: Als wolltest du einen Spurt durch Sirup hinlegen, so unterscheiden sich die Erwartungen und Interaktionstempi. Irgendwann glaubst du, du bist geduldig geworden - und fällst im nächsten Augenblick wieder aus der Rolle.
Vivaldi, wie befürchtet. Die "kleine Nachtmusique". "Für Elise". Die ersten Takte einer Orgeltoccata. Das sind alles Handyrufe. Lauter elektronische Kommunikation, aber unter den Zuschauern und Zuhörern eines von unermüdlichen Trommeln begleiteten Tanzes. Das kannst du nur vergleichen mit den Holzgeistern (Schamanenpfählen?), die so etwas wie die Zufahrt zu einer Autowerkstatt einrahmen, in den Beton gerammt, zwanzig Meter vom U-Bahn-Eingang. Was ist hier eigentlich "exotisch"?
Im Theater. Millers "Salesman" wird auf Koreanisch betrauert zu Beethovens Trauermarsch aus der "Eroica". Nach dem IWF.
Es gibt Leute, die führen dich auf eine unnachahmliche Art in das ABC der koreanischen Lebensart ein. Sätze, und das begreifst du viel zu spät, auf die du nichts sagen, nichts antworten sollst ("Wer einen Mann fischen lehrt, nährt ihn sein Leben lang"), wie du im Westen immer gelernt hast, sondern nur wiederholen. Damit ist alles gesagt. Wer etwas 'dazu sagen' will, muss unglaublich dumm erscheinen. Nichts ist kommentarbedürftig. Am wenigsten der Fremde, den man bei Sehenswürdigkeiten manchmal amerikanisch grüßt.
Hast du je in Deutschland als Lehrbeauftragter einem Professor zugeprostet und ihm aufrichtig Gesundheit und ein langes Leben gewünscht, in formelhaften, aber ernstgemeinten Worten? Dich vor dem Foto der eben verstorbenen Mutter deines schon jetzt liebsten koreanischen Kollegen bis auf den Boden verneigt? Überhaupt dieses deutsche Vorurteil, das Formelhafte, das überpersönlich Geregelte wäre unaufrichtig ("... lügt man, wenn man höflich ist").
Du lernst, Cola, Bier und Schnaps durcheinander zu trinken und zu vertragen: die Fete der Germanistik-Freshmen.
Du besuchst einen Koreanischkurs. Du scheiterst anfangs kläglich daran, auch nur die Namen deiner über siebzig Studenten richtig auszusprechen. Hören sich diese Wörter nicht alle gleich an? Man kann alles, was man auf Koreanisch sagen will, immer noch kürzer sagen. Tschoa [Phantasiewort], vielleicht, ganz 'unwissenschaftlich', ganz ungefähr, und das sagt dann alles. Drei Silben, die man im Westen Weltanschauung zu nennen sich wahrscheinlich nicht scheuen würde.
Die Studentin, die, das Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt, telefonierend ihr Mensatablett zurückbringt.
Du würdest sehr schnell Koreanisch lernen - wenn dein Aufnahmevermögen dem Tempo deiner Lehrer auch nur annähernd entspräche. Drei Wochen Unterricht, je sechs Stunden, und drei Tempora, zwei (mindestens zwei) Höflichkeitsniveaus, vier Satzmodi, Thema-Rhema-Marker, eine Art Deklination, mündlicher und schriftlicher Sprachgebrauch, das Alltagsvokabular. Nur nicht hochblicken, sonst wirst du gefragt.
Und du selbst, einsprachig deutsch unterrichtend, um, na ja, Medieneinsatz, Anschaulichkeit, aktive Studierende bemüht, Kommunikation, Interaktion, Interkulturalität, wie das alles so schön heißt; bist du nicht schrecklich langsam und ineffizient? Sind alle deine Sprechspiele und Hörverständnisermutigungsübungen nicht vertane Zeit, selbst wenn das Erklären der Spielregeln nicht so schwerfällig ginge? Du hast dich nicht zum Katheder verirrt. Du versuchst da anzuknüpfen, wo du halbwegs Gewohntes vermutest, beim 'Frontalunterricht'. Um dann doch immer wieder zu merken, dass die Studenten viel mehr selbst tun können, als du glaubtest.
Aktivierte Studierende. Was bedeutet das in Korea? Leute, die selber deutsche Lieder dichten oder aus dem Internet runterladen oder halb und halb übersetzen, nachdem du den "kleinen grünen Kaktus" 'präsentiert und semantisiert' hast. Einer der Glücksfälle. Fraglich, welche Regeln gelten.
Du machst eine Art Literaturkurs, so als Gespräch unter Kollegen. Kaschnitz: "Steht noch dahin", 1970. Kurze Reflexionsprosa, ironische Pointen, im Untergrund 'politisch' vibrierend, Biafra und das Warschauer Ghetto. Und hier? Unvorstellbar, ein 'gebrochenes Verhältnis' zur eigenen Nation zu haben.
Die anderen. Ja, was die anderen aus dem Westen denken. Natürlich ist das alles manchmal schrecklich entnervend. Was ist 'Wissenschaft' in Korea? Du möchtest wissen, wirklich wissen, was man in diesem oder jenem Fachbereich lehrt. Aber man antwortet dir: Ja, weil man dich nicht beleidigen will. Man würde auch mit Ja antworten, wenn du fragst, wo der Zug abfährt. Aber irgendwie kannst du den Koreanern nicht böse sein. Jedenfalls nicht lange. Denn dir glauben sie auch alles, und wie du dich kennst, ist das manchmal nicht ungefährlich.
Du machst bescheidene Erfahrungen mit Reiswein. Vielleicht ist es naiv, an das eigene Can-do ['aus eigener Kraft'] zu glauben und zugleich die noch so stark spürbare eigene Kultur so überwältigend 'amerikanisieren' zu lassen und dabei vielleicht noch zu glauben, das sei die unvermeidliche 'Globalisierung'. Vielleicht ist dieses Can-do überzogen. "A people of over-achievers". Vielleicht. Aber - alles besser, wiederum naiv, als im fernen Europa Bomben zu werfen. Sollen sie sich doch so freuen, wie sie sich freuen können.
Im Studentenrestaurant hat jemand "I tschon o paek" [2500] gesagt, und du hast es verstanden.
Du siehst eine Übersetzung koreanischen politischen Theaters durch, sogenanntes Madang-Theater; wie du hörst, improvisiert und angeblich ein Publikumstheater. Bei der Frage, was Recht und Unrecht sein könnte, kennen sie jedenfalls keinen Zweifel.
'Auf dem flachen Land', das kaum je flach ist, wie ein Außerirdischer. Aber irgendwie doch hingenommen, jedenfalls nicht angefeindet. In einer warmen Frühlingsnacht von der nicht abstellbaren Fußbodenheizung fast geröstet in einem kaum zu belüftenden Kabinett. Andererseits gibt es draußen morgens noch Luft. Und was für welche!
Vielleicht bist du dann irgendwann da.
Vermögensplanung (II)
Das 'magische' Dreieck
von Sylvia Löhken, Tokyo
(Zum Thema Vermögensplanung will die Finanz-AG in regelmäßigen Abständen Artikel publizieren, in denen verschiedene Anlagemöglichkeiten vor-gestellt und verglichen werden.)
John D. Rockefeller - einer, der sich mit unserem Thema gut auskannte - tat den berühmten Ausspruch "Wer gut schlafen will, kauft Anleihen, wer gut essen will, kauft Aktien." Mit anderen Worten: Papiere, die regelmäßige Einkünfte garantieren, sind für den vorsichtigen Anleger, während risikofreudigere Investoren, die Aktien* kaufen, mit dem eingesetzten Geld mehr verdienen können. Damit haben wir zwei der drei klassischen Anlageziele schon vor uns: Sicherheit und Rendite. Das dritte Ziel, Liquidität, umschreibt man, um in Rockefellers Bild zu bleiben, am besten mit "gut reisen": Eine sehr liquide Geldanlage kann man sofort und ohne Verluste in Bargeld verwandeln, wenn es nötig sein sollte.
Zwischen diesen drei Größen bewegen sich innerhalb eines 'magischen Dreiecks' alle Anlagemöglichkeiten:
Die Rendite ist der tatsächliche Gewinn, den man mit seinem Geld erzielt. Man berechnet sie aus den Dividenden, Kurs-, Währungs- oder Zinsgewinnen, die eine Anlage einbringt. Depotkosten, Kauf- und Verkaufsgebühren mindern diese Erträge. Ein weiterer wichtiger Minusposten sind die Steuern: Je nach persönlicher Situation und Steuersatz kann ein runder Zinsertrag plötzlich ganz kläglich ausehen. Die Höhe der Rendite ist der entscheidende Faktor, wenn man sein Geld ordentlich für sich arbeiten lassen möchte. Der Haken: Anlageformen mit attraktiver Rendite sind entweder mit einem höheren Risiko verbunden, oder man kommt für beträchtliche Zeit an sein Geld nicht heran und verzichtet somit auf Liquidität.
Beispiele für potentiell (!) rentable Anlagen: Aktien*, Fremdwährungsanleihen*, Optionen*.
Die Sicherheit einer Geldanlage hängt - natürlich - mit den Risiken zusammen, die man eingeht: Kann der Kurs stark fallen? Ist die Rückzahlung der eingesetzten Summe wahrscheinlich? Können Währungsschwankungen den Gewinn zunichte machen? - Das Risiko kann sogar innerhalb ein und derselben Anlageform variieren: Die Aktie* eines deutschen Kreditinstituts ist wahrscheinlich 'sicherer' als die Aktie einer neugegründeten chilenischen Goldminengesellschaft. Schon im letzten Beitrag erwähnt wurde außerdem die laufende Geldentwertung (Inflation): Auch sie gehört zu den Risikofaktoren, die man vermeiden oder (z.B. zugunsten der Liquididtät) in Kauf nehmen will. Der Haken: Wie überall hat Sicherheit auch hier ihren Preis - die bombensichere Anlage bringt keine hohe Rendite.
Beispiele für beruhigend sichere Anlagen: Sparkonto*, Sparbrief*, alle Bundeswertpapiere*.
Liquidität hängt, wie gesagt, zum einen mit der Verfügbarkeit des Kapitals zusammen. Optimal liquide ist damit das Girokonto, weil man das Geld jederzeit abheben kann. Zum anderen ist die Liquidität auch von den speziellen Risiken der Anlage abhängig: Bei Aktien* ist ebenso wie bei brasilianischen Anleihen* ein Verkauf zwar jederzeit möglich - aber mitten in einem Börsencrash oder in einer Währungskrise kaum attraktiv. Sehr liquide sind diese Papiere daher nicht. Der Haken: Mit liquiden Anlagen ist kein Geld zu verdienen; man muss auf eine ordentliche Rendite verzichten. Deshalb ist es ratsam, nur beim "Notgroschen" (vgl. den Beitrag im Lektorenrundbrief Nr.8/99) auf Liquidität zu achten.
Beispiele für relativ liquide Anlagen: Sparkonto*, Termingeld*, Geldmarktfonds*.
Fazit: Die optimal sichere, rentable und liquide Geldvermehrmöglichkeit gibt es nicht - aber man kann für die eigenen Bedürfnisse und Neigungen geeignete Anlageformen innerhalb des 'magischen Dreiecks' intelligent miteinander kombinieren.
von Anne Gellert, Kumamoto
Etwa 30 Hochschullehrer, Kultur- und Sprachpolitiker aus der Volksrepublik China, Taiwan, Südkorea, Japan und Deutschland diskutierten an der Chinese University of Hong Kong vier Tage lang (27. bis 30. April 1999) über das Thema: "Deutsch als Fremdsprache in Ostasien - Neue Perspektiven." In seinem Eröffnungsvortrag stellte Prof. Ulrich Ammon (Universität Duisburg) Lage und Perspektiven des Deutschunterrichts in Ostasien - wie nicht anders erwartet - ganz und gar nicht rosig dar. Allerdings sei Deutsch im europäischen Wirtschaftsraum so wichtig, dass es auch ostasiatische Bildungspolitiker mit Blick auf die Zukunft berücksichtigen sollten. Von der Bedeutung der eigenen Sprache müssten zuerst aber deutsche Politiker überzeugt werden, die auf Ostasienreisen fast selbstverständlich englische Reden halten - auch vor Gruppen hochkarätiger Germanisten. Sprachpolitisch gesehen war dieses Symposium insofern ein Meilenstein, als zum ersten Mal in der Geschichte Hong Kongs Deutsch einzige Konferenzsprache war. Lediglich einige Begrüßungsansprachen und der Plenarvortrag am ersten Tag wurden auf Englisch gehalten.
Chinesische Studenten haben ganz ähnliche Lernschwierigkeiten wie japanische. Dem Aussprachetraining sind bei Hochschulkursen in der Volksrepublik China am Kursanfang mehrere Wochen gewidmet. Große Bedeutung hat auch die praktische Verwertbarkeit und damit das Bewerten von Leistungen. Ein eindrucksvolles, ausführliches Curriculum führt zur Prüfung "Hochschuldeutsch", zu der nicht nur Multiple-Choice-Aufgaben gehören, sondern auch ein freier Aufsatz. Ein Blick in das voluminöse Lehrwerk zur Prüfungsvorbereitung ist allerdings etwas ernüchternd: aus Kostengründen ist es graphisch wenig ansprechend gestaltet, und auch in China steht das Leseverstehen immer noch allzu sehr an erster Stelle. Mehrfach wurde der Einfluss der Muttersprache bzw. zuvor gelernter Sprachen auf das Deutschlernen thematisiert. Am Ende blieb jedoch offen, wie etwa Erkenntnisse aus Interferenzanalysen im Unterricht umgesetzt werden können. Scharf kritisierte Prof. Ursula Wingate von der Baptist University Hong Kong die auf dem Markt erhältlichen einsprachig deutschen Wörterbücher, deren Definitionsvokabular viel zu schwer sei. Aber man kann gespannt sein: Sie arbeitet an einer Alternative.
Von den japanischen Teilnehmern kamen Vorschläge für einen landeskundlich orientierten Unterricht, bei dem die reine Sprachvermittlung in den Hintergrund treten soll. Prof. Wolfgang Schlecht und Prof. Uneme Nakamura von der Waseda-Universität stellten die CD-Version des Sprachkurses "Hallo, wie geht's" vor, die einige Studenten dieser Universität im Rahmen ihrer Abschlussarbeit ausgearbeitet haben. Hier haben also Studenten für Studenten Lernmaterial gestaltet, und es lohnt sich, dort einmal hineinzuschauen. Das Symposium war auch deswegen interessant, weil man sich in dem kleinen Kreis schnell kennen lernen und austauschen konnte. Da war es auch nicht so tragisch, dass die für den vorletzten Nachmittag geplante Dschunkenfahrt buchstäblich ins Wasser fiel. Das nächste Mal wird dann aber die Straßenbahn zur Stadtrundfahrt gebucht!
Ursula Richter: Bräute der Nacht. Die spirituelle Erotik des alten Japans. Frankfurt: Bastei Lübbe 1998 (14,90 DM)
von Anne Gellert, Kumamoto
Der Titel klingt vielversprechend und, wie man hört, greifen vor allem Männer interessiert nach diesem Taschenbuch - doch was hat man zu erwarten? Geisha - natürlich etwas, aber das ist nicht das Wichtigste. Ursula Richter schreibt über traditionelle japanische Feste, Bräuche und Tänze, über die Hitoyozuma, die Gattin für eine Nacht, den Marebito-Glauben, wonach jeder Fremde ein Gott ist, dem man nichts abschlagen darf, von der Macht der Schreinjungfrauen und von den heutigen Kennenlern-, Verlobungs- und Heiratsgepflogenheiten japanischer Paare. Geschickt verknüpft sie religiöses und geschichtliches Hintergrundwissen mit Geschichten aus dem heutigen Japan. Man wird nicht nur gut unterhalten, man liest auch die erschütternde Geschichte der jahrhundertelangen Unterdrückung der japanischen Frau. Bei aller Vorsicht, Japanisches mit westlichem Maßstab messen zu wollen, scheint der zornige Unterton der Autorin völlig gerechtfertigt.
Ralph Degen, Takamatsu
Mein Name ist Ralph Degen, und ich bin seit April dieses Jahres Deutschlektor an der Kagawa-Daigaku in Takamatsu (Shikoku). Ich bin vierunddreißig und komme aus Frankfurt, wo ich im Hauptfach Japanologie und in den Nebenfächern Philosophie und Germanistik studiert habe. Bei meinem Japanologiestudium habe ich mich hauptsächlich auf die Edition edozeitlicher Texte konzentriert. Nun möchte ich aber die Möglichkeit nutzen, das moderne Japan genauer unter die Lupe zu nehmen und meine Sprachkenntnisse zu perfektionieren. Wer will das nicht?!
Erfahrungen im Deutschunterrichten habe ich durch privaten Deutschunterricht in Deutschland, hauptsächlich für Japaner. Außerdem nehme ich am DaF-Fernstudium des Goethe-Instituts teil, obwohl ich da nicht der Allerfleißigste bin.
Dies ist mein erster längerer Japanaufenthalt, und ich bin froh, dass ich in Takamatsu gelandet bin. Wie es aussieht, lässt es sich hier sehr gut leben. Es ist bloß etwas bedauerlich, dass der Deutschunterricht hier nur im Rahmen der Allgemeinbildung (kyouyou kyouiku) stattfindet und das Niveau recht niedrig ist. Geisteswissenschaften gibt es hier an der Uni nicht. Meine Aufgabe beschränkt sich auf den Sprachunterricht, aber ich habe weitgehend die Freiheit, ihn selbst zu gestalten.
Ich bin Markus Hallensleben und seit April 1999 neuer DAAD-Lektor an der Todai (Hongo Campus). Meine Veranstaltungen sind hauptsächlich Literaturseminare für Graduierte. Zuvor war ich für 10 Monate Gastforscher an der Städtischen Universität in Nagoya, wo ich vor allem Landeskunde (auf Englisch) unterrichtet habe.
Weitere Lehrerfahrungen konnte ich als Lehrbeauftragter der FU Berlin, als Research Assistant der Northwestern University (Evanston, USA) und als Schullehrer auf Tourneen des Tölzer Knabenchors sammeln.
Ich bin Literaturwissenschaftler und habe an den Universitäten Erlangen, Gießen, Hamburg, sowie an der FU Berlin Neuere deutsche Literatur, Theaterwissenschaft und Linguistik studiert. Meine Schwerpunkte sind die historischen Avantgardebewegungen, die Wechselbeziehungen zwischen Literatur und den anderen Künsten, sowie den Medien.
Auf eine gute Zusammenarbeit!
Homepage: http://www.userpage.fu-berlin.de/~markhall/Hallensleben.html
von Sylvia Löhken, Tokyo
1.-6.8.99
12th World Congress of Applied Linguistics (AILA 99) (http://www.langue.hyper.chubu.ac.jp/jacet/AILA99)
21.-24.8.99
Asiatische Germanistentagung in Fukuoka ([email protected];
http://wwwsoc.nacsis.ac.jp/jgg/dokubun/asia721.htm)
11.-14.11.99
Lektorenfachseminar des DAAD in Yoshino Thema: Pflicht und Kür. Neue Perspektiven des Deutschunterrichts in
Japan.
16.-17.10.99
Herbsttagung der Japanischen Gesellschaft für Germanistik an der Universität Tokushima (Tokushima/Shikoku)
(http://wwwsoc.nacsis.ac.jp/jgg/index-d.html)
17.10.99
13.30 - 17.00 Uhr: Lektorentreffen an der Universität Tokushima
19.3.-25.3.99
42. Kulturseminar mit Prof. Dr. Manfred Schneider (Essen) in Tateshina Thema: Schnittpunkt Literatur. Orte der
Schrift und Poesie im diskursiv-medialen Umfeld (Japanische Gesellschaft für Germanistik, c/o Ikubundo, Hongo
5-30-21, Bunkyo-ku, Tokyo 113-8622)
27.3.-31.3.2000
5. Seminar für Deutsch als Fremdsprache mit Prof. Bernd Müller-Jacquier (Chemnitz) im National Olympics
Memorial Youth Center, Tokyo/Yoyogi;
Thema: Interkulturelles Lernen im Deutschunterricht (Japanische Gesellschaft für Germanistik, c/o Ikubundo,
Hongo 5-30-21, Bunkyo-ku, Tokyo 113-8622)